JADE-Ergebnisse in Kurzform

Die Ergebnisse des Forschungsprojektes JADE sind sehr umfangreich. Sie sollen hier kurz zusammengefasst werden. Die Berichte zur Bestandsaufnahme, zur konzeptionellen Beschreibung, die Broschüre Empfehlungen zu JobcoachingAP und die Posterstrecke bilden hierzu Hintergrundinformationen.

Ergebnisse aus Arbeitspaket 1

Im Mittelpunkt des ersten Arbeitspakets stand eine Bestandsaufnahme per bundesweiter Fragebogen­erhe­­bung bei Integrationsämtern, Integrationsfach­diensten (IFDs) und Jobcoaches sowie bei Rehabilitationsträgern.

Als zentrale Erkenntnis der Bestandsaufnahme zeigt sich eine große Heterogenität in Bezug auf regionale Fallzahlen, Durchführungsformen und in den Qualifikationen der Jobcoaches.

  • Fallzahlen: Hier lässt sich ein West-Ost-Gefälle erkennen. Während die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Würtemberg im Erhebungszeitraum (2014-2016) mit hohen Fallzahlen aufwarten, wurde in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, und Rheinland-Pfalz kein Jobcoaching durchgeführt.
  • Jobcoaching in Personaltrennung und Personalunion: In den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niederachsen, Baden-Württemberg, Berlin, Thüringen und Sachsen wird Jobcoaching von speziell hierfür beauftragten Fachkräften/Jobcoaches durchgeführt. In Bayern, Hamburg, Schleswig-Holstein und dem Saarland wird Jobcoaching gleichzeitig im Rahmen der Berufsbegleitung von Mitarbeitenden der IFDs durchgeführt.
  • Profile der Jobcoaches: Hier zeigt sich eine große Vielfalt hinsichtlich Qualifikation und Bildungswegen. Nur eine sehr kleine Gruppe verfügt über eine Jobcoaching-spezifische Weiterbildung.
  • Die Profile der Arbeitnehmer*innen mit Behinderung im JobcoachingAP: Jobcoaching erreicht Klientel aus allen Alters­gruppen Erwerbstätiger. Die Altersverteilung dieser Arbeitnehmer*innen ähnelt der allgemeinen Altersverteilung Erwerbstätiger in der Bundesrepublik. Die Gruppe der langjährig Beschäftigten dominiert. Ebenfalls stark vertreten sind Arbeitnehmer*innen mit eher kurzer Beschäftigungsdauer (≤ 2 Jahre), bei denen offenbar schon sehr früh Unterstützung zur Arbeitsplatzsicherung notwendig ist.
  • Verläufe der Jobcoachingfälle: Hier zeigt sich, dass eine kurz- oder mittelfristige Gefährdung des Arbeitsplatzes die Haupt­indikation für Jobcoaching ist. 56 % der untersuchten Jobcoachingfälle dauerten 6 Monate oder weniger, 44 % dauern länger als 6 Monate, im Mittel liegt die Dauer bei 7,5 Monaten.

Ergebnisse aus Arbeitspaket 2

Ziel und Ergebnis des zweiten Arbeitspakets war die Erarbeitung einer Definition und eines konzeptionellen Verständnisses von Jobcoaching.

Die Entwicklung einer Definition von Jobcoaching lief in Zusammenarbeit mit dem Qualitätsnetzwerk der Bundesarbeitsgemeinschaft für unterstütze Beschäftigung (BAG UB). Es entstand in mehreren Abstimmungsschritten eine Konsensdefinition. Diese deckt sowohl Jobcoaching zur Arbeitsplatzsicherung (hierauf lag der Fokus im Forschungsprojekt JADE), als auch Jobcoaching zur Arbeitsplatzanbahnung ab. Zur Hervorhebung des speziellen Merkmals, dass dieses Jobcoaching überwiegend am Arbeitsplatz abläuft, wurde dem Begriff Jobcoaching mit dem hochgestellten AP versehen: JobcoachingAP.

Die Entwicklung des konzeptionellen Verständnisses von Jobcoaching beruht auf der zweistufigen Analyse.

In Bezug auf ihre Rolle im Jobcoachingprozess wurden im ersten Teil die spezifischen Perspektiven der unterschiedlichen am Jobcoachingprozess beteiligten Akteure und Akteurinnen getrennt voneinander analysiert. Hierzu zählen Arbeitnehmende mit Schwerbehinderung, Arbeitgebende, Jobcoaches, Schwerbehinderten­vertretungen, Mitarbeitende der IFDs sowie Mitarbeitende der Integrationsämter (INAs). Es wurden 24 Interviews geführt.

Auf Basis der Analyse dieser Perspektiven folgten im zweiten Teil Fall­rekonstruktionen auf der Basis retrospektiver und prospektiver Interviewerhebungen. Hierzu wurden die jeweils an einem Jobcoachingverlauf Beteiligten zum eigenen Erleben des Jobcoachings befragt. Durch die Verschränkung dieser Perspektiven und deren kontrastive Analyse konnten grundlegende konzeptionelle Aspekte des Jobcoaching­prozesses untersucht und benannt werden. Es wurden fünf Jobcoachingverläufe mit insgesamt 41 Interviews analysiert.

Vier zentrale Ergebnisaspekte können für das konzeptionelle Verständnis hervorgehoben werden:

  1. Alle betrieblich Beteiligten an einer Jobcoachingmaßnahme durchlaufen einen Lernprozess, der das individuelle und mit der betrieblichen Rolle verbundene Wahrnehmen und Handeln im gemeinsamen Arbeitskontext verändert. Betrieblich Beteiligte werden als Jobcoachingnehmende zusammengefasst. Es wurden in dieser Gruppe unterschiedliche Formen des Lernens identifiziert: die Entwicklung von Fähigkeiten und Fertigkeiten in Bezug auf die Aufgaben und Anforderungen im eigenen Arbeitsbereich bei der Person mit Schwerbehinderung durch entsprechende Anleitung (Arbeitstraining) und parallel im Arbeitskontext ein verstärkt aufeinander bezogenes Miteinander im Arbeitsablauf (Perspektivenübernahme und Offenheit in der Kommunikation).
  2. Für die professionelle Seite der Jobcoachinganbietenden (Jobcoach, IFD, Integrationsamt) ist festzuhalten, dass Jobcoaching nicht als Einzelleistung der Jobcoaches zu sehen ist, sondern als koordinierte Leistung der professionell Beteiligten, wobei es im Prozess unter­schiedliche Steuerungsaktivitäten unter den Jobcoaching­anbietenden gibt (längerfristig planend und situativ).
  3. Diesen Beobachtungen entspricht eine systemische Sichtweise, die das Forscher*innenteam für das in den Empfehlungen präsentierte konzeptionelle Verständnis des Jobcoachingprozesses aufgegriffen hat. Jobcoaching ist demnach immer mit einem flexiblen Koordinierungs- und Steuerungsprozess auf professioneller Seite und Lernprozessen in der Gruppe der Jobcoachingnehmenden verbunden, auch wenn die Person mit Schwerbehinderung im Zentrum der Maßnahme steht.
  4. Auf der Datenbasis gelang es ein Prozess- und ein Strukturmodell zum Jobcoaching zu entwickeln. Das Prozessmodell ermöglicht Phasen des Jobcoachings zu unterscheiden und die damit verbundenen Aufgaben und Heraus­forderungen zu beschreiben. Das Strukturmodell beschreibt Bedingungen, auf die ein Jobcoachingprozess aufbaut und die bspw. beim Neuaufbau eines entsprechenden Angebotes zu reflektieren sind.

Ergebnis zu Arbeitspaket 3

Mit den im dritten Arbeitspaket zusammengestellten Empfehlungen zu JobcoachingAP ist eine erste datenbasierte Grundlage für einen fortwährenden Theorie-Praxis-Transfer zu einer Maßnahme entstanden, die in besonderem Maße an der betrieblichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen orientiert ist. Als Zielgruppe der Empfehlungen wurden Mitarbeitende aus Integrations­fachdiensten, Integrationsämtern sowie Jobcoaches (Jobcoachinganbietende) festgelegt. Die Ergebnisse der Arbeits­pakete 1 und 2 sowie die Definition von JobcoachingAP bilden die Grundlage für den Aufbau und den Inhalt der vorgelegten Empfehlungen. Aufgenommene Interviewzitate dienen der Veranschaulichung und Nachvollziehbarkeit. Aufgrund der Heterogenität der Umsetzungsbedingungen in den verschiedenen Bundesländern sollen die Empfehlungen den Lesenden Denkmodelle und Reflexionsmaterial für die eigene praktische Arbeit und deren Weiterentwicklung an die Hand geben.